Giro d’Italia- Matera
- Gregor Hilbrand
- 16. Mai
- 1 Min. Lesezeit
60 Kilometer vor dem Donner
Die Straße gehört dem Wind. Noch. Drei Stunden vor dem Rennen: totale Stille, keine Autos, kein Gehupe, kein Geschrei. Nur flirrende Hitze und ein leergefegtes Asphaltband, das sich durch die Landschaft windet – als hätte jemand Italien kurz auf Pause gedrückt.
Dann kommt der Anstieg nach Montescaglioso. Drei Kilometer Sadismus pur. Zehn Prozent Steigung, beinahe schnurgerade, ohne Gnade. Die Sonne brennt erbarmungslos, der neue Asphalt glänzt wie eine frisch gegossene Höllenspur. Die letzten 300 Meter? Offenbar nur deshalb erneuert, damit sich das schwarze Band noch besser aufheizen kann. Ein Statement der Grausamkeit.
Später kämpfen sich die Profis hier hoch – sichtbar gezeichnet, sichtbar am Limit. Mehr als 17 km/h sind selbst für sie kaum drin. Es wird nicht attackiert, es wird überlebt.
Die Strecke selbst gibt sich unscheinbar. Sie führt durch das staubige Hinterland, zeigt Matera von hinten – ohne Glanz, ohne große Geste. Kein Hinweis, dass hier eine der ältesten Städte Europas wartet. Nichts, das auf Schönheit schließen lässt. Nur trockene Felder, bröckelnde Mauern, und der Schweiß derer, die glauben, das Ziel schon fast erreicht zu haben.
Ein Trugschluss. Der Sturm kommt noch.
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