Lucera im Regen
- Gregor Hilbrand
- 17. Mai
- 1 Min. Lesezeit
Eine nasse Postkarte aus dem Abseits.
Die Burg thront wie ein verrostetes Krönchen über der Stadt. Castel Lucera, gebaut von Friedrich II., dem Falkenkaiser mit dem Hang zu Stein und Größenwahn. Einst Bollwerk gegen Sarazenen, Päpste und Langeweile, steht sie heute allein auf weiter Flur, umweht von Wind und Schulklassen, die aussehen, als wären sie zur Strafe hier. Der Regen klatscht gegen die Mauern, als wolle selbst das Wetter sagen: „Lass gut sein.“ Innen: nichts. Kein Prunk, kein Drama. Nur nasses Gras, taube Stille und der leise Verdacht, dass selbst das Echo sich woanders wohler fühlt.

Der Dom streckt seine feuchte Fassade in den bleigrauen Himmel. Gotik trifft Barock, beide sind genervt. Drinnen feucht, draußen feuchter.

Und dann, wie ein Trotzakt gegen die meteorologische Depression: eine Gelateria. Offen. Leer. Ein kaltes Tiramisu-Gelato in der Faust, während das Schokoladeneis langsam die Hand runterläuft. Es schmeckt nach Trotz. Und nach der Ahnung, dass irgendwo Sommer sein muss. Nur eben nicht in Lucera.
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