Taranto
- Gregor Hilbrand
- 11. Mai
- 1 Min. Lesezeit
Taranto – Perle mit Rostbefall

Taranto liegt da wie ein Kippbild: von der einen Seite eine Altstadt, so brüchig und schön wie eine vergessene Anekdote. Von der anderen Seite? Die hässlichste Fratze der Moderne: Europas größter Stahlkocher, das Werk „Ilva“, das mehr Dreck ausspuckt als ein politischer Debattierclub.

Hier wachsen Austern. Tatsächlich. Im Golf von Tarent, wo das Meer so blau tut, als wüsste es nicht, dass es längst vergiftet ist. Die Austern saugen sich voll mit Schwermetallen, aber immerhin – sie schmecken angeblich „intensiv“. Was auch immer das heißen mag, wenn Cadmium mit auf dem Teller liegt.
Die Altstadt bröckelt, buchstäblich. Häuser verfallen, Menschen ziehen weg. Und gleichzeitig werden Millionen Tonnen Stahl produziert, als hätte jemand entschieden, dass Ruß die wahre Farbe von Fortschritt ist.
Taranto ist kein Ort. Taranto ist ein Mahnmal. Für die unglaubliche Fähigkeit des Menschen, Schönheit zu erkennen – und sie dann maximal effizient zu zerstören. Fortschritt, sagen sie. Aber eigentlich ist es nur Dummheit in Hochöfen gegossen.
Comentarios